EEG 2021: Regelungen für Ü20-Anlagen ( Jahr der Inbetriebnahme plus 20 Kalenderjahre )
1. Was bedeutet das Ende der EEG-Förderung?
Der Gesetzgeber hat Ende 2020 eine befristete Anschlussregelung für die Ü20-Anlagen beschlossen. Demnach dürfen die Betreiber weiterhin Ihren Strom ins Netz einspeisen und erhalten als Vergütung den "Jahresmarktwert Solar". Die Regelung war zunächst befristet bis Ende 2027, sie wurde mit dem "Solarpaket I" der Bundesregierung im Mai 2024 bis zum Jahresende 2032 verlängert.

2. Volleinspeisung / Eigenversorgung ?
Viele Anlagen funktionieren auch nach 20 Jahren noch gut und dürfen nach der aktuellen Rechtslage einfach weiter ins Netz einspeisen. Im EEG 2023 ist geregelt, dass PV-Anlagen auch nach dem Ende des Förderzeitraums (Jahr der Inbetriebnahme plus 20 Kalenderjahre) weiterhin ins Netz einspeisen dürfen, der Netzbetreiber den Solarstrom abnehmen und eine Vergütung bezahlen muss.
Die Vergütung bemisst sich nach dem Börsenpreis des Stroms – bei Photovoltaik-Anlagen ist das der Jahresmarktwert Solar, der immer Anfang des Folgejahres für das zurückliegende Jahr veröffentlicht wird. Für 2023 betrug der Jahresmarktwert Solar 7,2 Cent je Kilowattstunde, 2024 wird dieser Wert voraussichtlich mit 2,8 Cent je Kilowattstunde noch geringer ausfallen.
Vom Marktwert Solar wird noch eine Pauschale abgezogen, die bei den Netzbetreibern die Kosten für die Vermarktung des Solarstroms decken soll. Die Pauschale beträgt für 2024 pro Kilowattstunde (kWh) 1,8 Cent, für 2025 sind es 0,72 Cent/kWh. Für die Folgejahre sind diese Werte noch nicht bekannt. Nutzt man als Anlagenbetreiber ein intelligentes Messsystem (iMSys), halbiert sich diese Kostenpauschale.
Bleibt die Anlage so angeschlossen, dass der gesamte Solarstrom ins Netz fließt, erhält man die Marktvergütung für die gesamte erzeugte Strommenge. Diese Volleinspeisung ist bei alten Photovoltaik-Anlagen die Regel, die bis zum Jahr 2008 in Betrieb gegangen sind. Stellt man die Anlage auf Eigenversorgung um, erhält man die Anschlussvergütung für den Überschussstrom, der ins Stromnetz einspeist wird.
Diese Regelung gilt laut aktuellen Regelungen bis Ende 2032. Bis dahin hat jeder Betreiber einer ausgeförderten Anlage insgesamt Zeit, nachhaltigere Lösungen für den Weiterbetrieb der eigenen Ü20-PV-Anlage zu finden.

3. Auf Eigenverbrauch umzustellen, kann sich lohnen
Alte Photovoltaik-Anlagen speisen den Solarstrom in der Regel vollständig ein. Damit der Solarstrom künftig vorrangig selbst verbraucht werden kann, muss die Photovoltaik-Anlage im Zählerschrank umgeklemmt werden, so dass der Solarstrom direkt in die Stromkreise des Hauses fließen kann. Die elektrotechnischen Arbeiten müssen durch einen Fachbetrieb ausgeführt werden und kosten ca. 500,-bis 600,- Euro. Ist die Umstellung mit größerem Modernisierungsaufwand an der Elektroinstallation verbunden, kann es auch deutlich teurer werden.

Rund 30 Prozent des erzeugten Stroms lassen sich durch diese Umstellung für den täglichen Bedarf nutzen. Auf rund 50% erhöhen können Hauseigentümer den Anteil, indem sie Elektrogeräte wie Geschirrspüler, Wäschetrockner oder Waschmaschine während der sonnigen Stunden laufen lassen. Je mehr elektrische Anwendungen mit Solarstrom laufen, umso besser für den Eigenverbrauch und die Umwelt.
Ü20 - Photovoltaikanlagen mit einer geschätzten Lebensdauer von 25 bis 30 Jahren produzieren Solarstrom immer noch mit einem Restwert an Effizienz zwischen 80 und 90 Prozent. Das bedeutet, über den Großteil ihrer Lebensdauer liefern sie kostenlosen Strom vom eigenen Dach.
4. Beispiel für Eigenverbrauch von Solarstrom im Nordteil der Solarsiedlung

Mitte 2021 wurde in diesem Beispiel die Ü20-PVA auf Eigennutzung ohne Speichermöglichkeit umgestellt. Der Einsatz eines zusätzlichen Speichers bei einer 1,55 kWp Anlage machte aus wirtschaftlicher Sicht keinen Sinn. Über einen Zeitraum von 3 1/2 Jahren konnte somit eine durchschnittliche Eigennutzung des erzeugten Solarstroms von 55% erreicht werden. Bei angenommenen 33ct/kWh Stromkosten für Netzstrom und 2634 kWh selbstgenutztem Solarstrom konnten über diesen Zeitraum rund 869€ eingespart werden.
4. Zusammenfassung
Abschließend werden hier nochmals die 6 möglichen Varianten für den Weiterbetrieb einer Ü20-PV-Anlage im Nordteil der Solarsiedlung Gelsenkirchen Bismarck aufgezeigt.
Welche Möglichkeiten gibt es für Ü20-PV-Anlagen? Grundsätzlich sind im EEG 2021 verschiedene Formen des Weiterbetriebs möglich:
° Variante 1: Weitere Volleinspeisung (ohne Eigenverbrauch) mit Verkauf des PV-Stroms an den Netzbetreiber (wie bisher). Dies ist der vom Gesetzgeber vorgegebene Regelfall: Wenn man nichts tut, wird die PV-Anlage automatisch dieser Art des Weiterbetriebs zugeordnet. Die „Gefahr“ einer ungeregelten oder illegalen Einspeisung besteht nicht mehr. Für den eingespeisten PV-Strom erhält man vom Netzbetreiber eine Einspeisevergütung in Höhe des sogenannten Jahresmarktwert Solar (JW Solar 2021: 7,552 Ct/kWh, Vorjahr: 2,458 Ct/kWh), davon wird noch eine Vermarktungspauschale (2022: 0,184 ct/kWh, Vorjahr: 0,4 Ct/kWh) abgezogen. Der JW Solar 2021 ist die Grundlage für die regelmäßigen Abschlagszahlungen im Jahr 2022. Anfang 2023 wird dann die Schlussrechnung auf der Basis des (dann bekannten) JW Solar 2022 erfolgen, es kann zu einer Rückzahlung oder zu einer Nachzahlung kommen (in den Folgejahren entsprechend). Durch die geringe Vergütung 2020 ist diese Weiterbetriebsoption langfristig nicht sinnvoll, aber für eine Übergangszeit (bis der Betreiber entschieden hat, wie es weitergehen soll) nützlich. Die Entwicklung des Jahres 2021 hat dazu geführt, dass die Ü20-PV-Anlagen derzeit eine höhere Einspeisevergütung bekommen als neue PV-Anlagen.
° Variante 2: Wirtschaftlich sinnvoll ist oft die Umstellung auf Eigenverbrauch (mit Überschuss-einspeisung), um einen Teil des erzeugten Solar-stroms zukünftig selbst nutzen zu können. Der eigenverbrauchte PV-Strom hat dann mit Blick auf die eingesparten Strombezugskosten von ca. 30 Ct/kWh einen bis zu 10fachen Wert einer zum JW Solar eingespeisten Kilowattstunde. Der Anteil des selbstgenutzten Stroms kann dabei mit der Installation eines Batteriespeichers oder durch zusätzliche sinnvolle elektrische Verbraucher (wie ein Elektroauto oder eine Wärmepumpe) erhöht werden.
° Variante 3: Ein Verkauf des gesamten oder eines Teils des erzeugten Solarstroms an einen Stromhändler ist ebenfalls möglich, im EEG wird diese Möglichkeit als „Sonstige Direktvermarktung“ bezeichnet. Hierzu gibt es schon etliche Angebote auf dem Markt, vor allem von Stadtwerken, die damit den Kunden in ihrem Versorgungsgebiet den Weiterbetrieb einer Ü20-PV-Anlage ermöglichen wollen.
° Variante 4: Auch ein Umbau der PV-Anlage auf Inselbetrieb, also ganz ohne Anschluss ans Stromnetz, ist zulässig. So kann eine kleine PV-Anlage beispielsweise direkt an einen Heizstab am Warmwasserspeicher angeschlossen werden und zukünftig zur Warmwasserbereitung genutzt werden.
° Variante 5: PV-Repowering ist im Grunde eine umfassende Modernisierung einer Photovoltaikanlage. Dabei werden ältere oder leistungsschwache Komponenten durch modernere, leistungsfähigere ersetzt. Dies kann den Austausch von Solarmodulen, Wechselrichtern oder anderen Teilen der Anlage umfassen.
° Variante 6: Der „Worst-Case“ ist ein Abbau mit Verschrottung der Anlage (oder Weiterverkauf der Komponenten als Ersatzteile oder als Steckersolargeräte). Diese letzte Möglichkeit sollte nur in Betracht gezogen werden sollte, wenn die PV-Anlage ganz oder teilweise defekt ist. Auf der freiwerdenden Fläche kann dann eine neue PV-Anlage installiert werden.
Bis auf die Varianten 3,4 und 6 wurden von den Hausbesitzern im Nordteil der Solarsiedlung Gelsenkirchen-Bismarck ,Stand August 2025, alle Varianten schon umgesetzt mit Schwerpunkt der Variante 2.





